Die Geschichte der Wasserverbauungen in Lauperswil und Rüderswil
Die Emme war ursprünglich ein ungezähmter Fluss, der je nach Wasserstand hin und her mäanderte und nie am gleichen Ort durchfloss. Solche Flüsse findet man heute in ganz Europa kaum noch, eine Ausnahme ist die Loire in Frankreich.
Ursprünglich hatte man einfach vermieden, an Orten zu bauen oder sogar etwas anzubauen, die bei den jährlichen Hochwasserständen gefährdet waren. Es gab genügend «sicheres» Land. So wurden Lauperswil und Rüderswil auf den Terrassen über der Emme erbaut.
Wir wissen auch, dass die Wege ausschliesslich über die Hügelzüge führten. Damit konnte auch hier die Gefahr umgangen werden. Der Weg von Burgdorf nach Langnau ging mit Sicherheit oberhalb der Wannenfluh nach Ranflüh und von dort über das Than und dann über Bagischwand und Dürsrütti nach Langnau. Bekannt sich auch mittelalterliche Weganlagen von der Moosegg (Aegeten) durch den heutigen Wald hinunter nach Schüpbach resp. dem Niedermattgraben.
Um 1500 war zwischen Burgdorf und Eggiwil nur gerade in Burgdorf eine Brücke über die Emme. 1550 wurde die erste Brücke bei Schüpbach gebaut. Hier war das Terrain ideal, da auf beiden Seiten der Emme das Land ziemlich über dem Ufer der Emme war. 1551 erteilte der Staat Bern auch den Gemeinden Trub, Langnau, Lauperswil, Rüderswil und Trachselwald bei Lauperswil das Recht, eine neue Brücke zu erstellen. Auch hier was das Terrain ideal. Dort, wo heute Strasse und Bahn durchführen war vorher der Hügel des Thans, der bis zum Emmeufer ragte. Dieser Hügel wurde mit dem Bau der Bahnlinie erstmals abgebaut.
Kurz nach Erstellung der Brücke entstand um den Neubau eine kleine Siedlung. Für die Benutzung der Brücke musste - sofern man nicht aus einer der beteiligten Gemeinden stammte - ein Zoll bezahlt werden. Relativ schnell wurde auch angefangen, die Emme einzudämmen und damit Landwirtschaft zu schaffen. Damit wurden auch die Parzellen im Emmengrund aufgewertet. 1580 hatten nämlich verschiedene Bauern in der Kalchmatt Landparzellen; diese hatten sie 1556 von Johannes Rust, dem Herrn von Wartenstein erhalten. 1580 kam es dann zum Streit, weil auf einmal jeder wissen wollte, wo seine Parzelle liegt – fast dreissig Jahre lang interessierte das vorher niemanden.
Um 1550 wurde auch die mittelalterliche Dreifelderwirtschaft aufgehoben. Damit war nun jeder für seine Parzelle selbst verantwortlich. Um 1650 habe ich einige Kaufverträge gelesen, bei denen es um Grundstücke im Schachengrund ging. Hier waren nun Höfe zum Unterhalt der Schwellen verpflichtet. Fast alle grösseren Bauerngüter auf dem Ebnit oder dem Dorf Lauperswil hatten gewisses Schachenland übernehmen müssen, damit sie auch an den gemeinsamen Werken teilnehmen mussten. Da viele Arme einfach ein Stück Schachenland in «Besitz» nahmen, das eigentlich der Herrschaft von Bern gehörte, wurde am 8.5.1568 in Lauperswil ein Vertrag abgeschlossen der besagte, dass man genügend Holz im Schachen lasse, um «mit dem Schwellen und Weren ernstig sin». Es wurden also schon damals Schwellen und Wehren aus Holz gebaut.
Aus diesen «Gemeinen Werken» der Bauern ging also die Verbauung der Emme zurück und damit später auch die Verbauung der Nebenbäche.
1626 hatte der Landvogt von Trachselwald in Zollbrück mit den Bauern eine Lösung zu suchen, wie man die Kosten für die Wasserverbauungen teilen könne. Immer wieder kamen neue Forderungen auf, so dass Bern sich mehrmals um die Kosten der Schutzdämme und Schwellen bei der neuen Ortschaft Zollbrück zu kümmern hatte. Die Aufsicht über die Bauarbeiten an den Schwellen und Verbauungen übte der Schwellenmeister aus. Noch 1819 wurde eine neue Schwellenordnung in Kraft gesetzt, die seine Arbeiten regelte. Die Arbeiten selbst wurden aber von den Grundeigentümern geleistet, die dafür eine bestimmte Anzahl Knechte abzuordnen hatten. Auch das angeschwemmte Holz durfte nicht mehr eingesammelt werden, ohne dass der Schwellenmeister dabei war und alles konfiszierte, das für den Schwellenbau notwendig war. Für heute ist z.B. ziemlich aussergewöhnlich, dass der Schwellenmeister nur Personen annehmen konnte, die konfirmiert waren. Katholische und Täuferische waren somit als Arbeiter im Gemeinen Werk nicht geduldet.
Bis 1865 wurde an diesem System des Gemeinen Werkes festgehalten. Es war zu dieser Zeit schon lange klar, dass das ineffizient und kostspielig war. Unternehmer hätten die gleiche Arbeit weitaus günstiger gemacht. In der Regel waren so viele Leute anwesend, dass die Arbeiten gar nicht mehr nutzbringend gemacht werden konnten. Die Bussen, die ursprünglich bezahlt werden mussten, wenn man nicht ins Gemeine Werk ging (4 Batzen) waren um 1850 kaum noch etwas wert. Die grossen Bauern bezahlten lieber die Busse, als einen Knecht zu senden. Zudem hatte das Gemeine Werk auch die Leute zu verpflegen. Das war eine gute Gelegenheit, sich wieder einmal tüchtig vollzufressen.
1865 fassten die Delegierten des Zollbrückschwellengutes den Beschluss, dass der Schwellenmeister für ein oder zwei Jahre die Arbeiten an Unternehmer vergeben soll. Es zeigte sich, dass man so viel Geld sparen konnte. Die Verpflichtungen der Grundbesitzer wurden 1882 vom Regierungsrat auf die Gemeinden Lauperswil und Rüderswil übertragen, die die heutigen Schwellengemeinden gründeten.
Nun mussten alle Grundbesitzer ihren Anteil an das Werk bezahlen. Die Schwellengemeinden übernahmen auch immer mehr die Verbauungen der Nebenbäche, da diese ja schliesslich auch ihr Wasser in die Emme entliessen.
Text:
Hans Minder
Lokalhistoriker und Familienforschungen
Wittenbachgässli 611
CH-3438 Lauperswil